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Die Offenbarungen des Glaaki (Rezension)

Der Brite John Ramsey Campbell gehört heute zweifellos zu den namhaftesten Autoren im Horrorbereich, der sich schon in jungen Jahren von H. P. Lovecrafts Schaffen inspirieren ließ. Doch gelang es ihm auch schon mit seinen frühen Arbeiten zum Cthulhu-Mythos, „Die Offenbarungen des Glaaki“, in die literarischen Fußstapfen seines damaligen Idols zu treten?

Die Kurzgeschichtensammlung „The Inhabitant of the Lake and Other Less Welcome Tenants“ des damals 18-jährigen Campbell wurde 1964 vom Arkham House Verlag publiziert. Hierfür platzierte Campbell auf Anraten August Derleths, der den Verlag ursprünglich gründete, um die Arbeiten seines Freundes Lovecraft postum zu veröffentlichen, viele seiner Geschichten in und um die fiktionale Stadt Brichester am Mündungsbereich des Severn in der englischen Grafschaft Gloucestershire. Auf diese Weise schuf das Nachwuchstalent seinem damaligen Idol Lovecraft folgend einen vom Mythos heimgesuchten Ort.

Und genau 50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung wird vom Festa Verlag 2014 eine schön gearbeitete Hardcover-Ausgabe herausgegeben. Ein Grund mehr, sich Campbells Mythos-Geschichten endlich einmal genauer anzuschauen.

Die in der Anthologie enthaltenen Kurzgeschichten sind:

  • Die Kammer im Schloss
  • Das Grauen von der Brücke
  • Der die Schleier zerreißt
  • Die Insekten aus Shaggai
  • Der Bewohner des Sees
  • Die Mine auf Yuggoth
  • Das Dunkel naht
  • Das Lied des Strandes
  • Ein unheimlicher Drang

„Das Grauen von der Brücke“

Clotton in Gloucestershire ist ein verträumtes Städtchen an den Ufern des Ton, einem Zufluss des Severn. Doch niemand mag sich mehr willentlich daran erinnern, welches Grauen seine Bewohner 1931 einholte, und warum in Ufernähe fast alle Gebäude abgerissen wurden.

Einzig aus dem wohl sortierten Nachlass des Einsiedlers Philip Chesterton geht hervor, dass die zurückliegenden Ereignisse möglicherweise schon mit der Ankunft eines gewissen James Phipps um 1800 seinen Lauf nahmen. Phipps bezog eine der verlassenen Hütten in der Nähe der alten Brück. Es heißt, dass er zu jenem Zeitpunkt aufgrund seiner unorthodoxen Forschungsmethoden bereits drüben in Camside dem Gemeinwohl nicht allzu zuträglich gewesen sein soll.

Zwar interessierte sich der Neuankömmling schnell für die Clottoner Lokalmythen, aber ansonsten war nur wenig aus ihm herauszubekommen. Und auch wenn er für einige Zeit seine Forschungen diskret im Verborgenen durchführte, war es später dann sein Sohn Lionel, der nach dem Tod seines langlebigen Vaters dessen Arbeit mit beängstigendem Ehrgeiz vorantrieb.

Doch die Umstände zwangen den Burschen letztlich dazu, nach London ins British Museum zu reisen, um mit Hilfe des Necronomicons oder dem Buch von Eibon den Zeitpunkt einer gewissen Sternenkonstellation zu errechnen, auf die es sich offenbar unbedingt vorzubereiten galt. Und hier begegnete Lionel auch das erste Mal dem hiesigen Bibliothekar Philip Chesterton, ohne dessen späteres Eingreifen in Clotton man sich die Folgen von Lionels gotteslästerlichem Treiben nicht hätte ausmalen können …

Interessanterweise werden jene Ereignisse, die letztlich im titelgebendem Grauen gipfeln, als Rückblende erzählt, wie sie Philip Chesterton nachrecherchiert und später in seinem Manuskript niedergeschrieben hat. Als Leser wusste ich also schon von Beginn an, dass das Schlimmste zwar verhindert werden konnte, doch mit dem Fortlauf der Handlung wuchs in mir auch zunehmend die Neugier, endlich zu erfahren, was 1931 in Clotton wirklich geschehen sein soll. Eine wunderbare Geschichte ganz im Stile des Altmeisters.

Übrigens orientiert sich die Geschichte nicht nur vom Titel her an das Grauen von Dunwich, eine von Lovecrafts wohl gelungensten Werken.

„Der Bewohner des Sees“

Als Thomas Cartwright, ein erfolgreicher Maler mit Hang zum Grotesken, ins Severn Valley umzieht, glaubt er, einen Quell der Ruhe und Inspiration gefunden zu haben: Ein paar Meilen nördlich von Brichester befindet sich ein waldverhangener See, an dessen Ufern sich eine einsame Häuserzeile entlang reiht. Der Künstler kauft sich kurzer Hand eines der verlassenen Häuser und richtet sich notdürftig ein, um sich ganz seinen Gemälden zu widmen.

Anfänglich denkt er sich nichts dabei, dass er des Nachts von bizarren Träumen heimgesucht wird und das eine wie das andere Mal schweißgebadet aufwacht. Gemeinsam ist seinen nächtlichen Martern, an die er sich mehr und mehr zu erinnern vermag, dass sie immer mit einem entfernten Geplätscher vom Seeufer her einhergehen. Bald darauf wird ihm aber unweigerlich bewusst, dass die abseitige Gegend doch nicht so verlassen ist wie anfänglich geglaubt. Am Grund jenes Sees hat ihn bereits etwas unendlich Altes ins Auge gefasst, dass ihn nicht mehr gehen zu lassen gedenkt…

Zu meiner Überraschung entfaltete sich die Kurzgeschichte als eine Art Briefroman. Geschrieben ist sie aus der Sicht von Cartwrights Kumpel Alan Kearney, der – anfänglich etwas genervt – Thomas beim Umzug hilft und fortan immer wieder Post von ihm erhält. Da der Inhalt der Briefe zunehmend besorgniserregender wird, entschließt sich Kearney dann doch mal persönlich nach seinem Kumpel zu sehen. In der Folge überschlagen sich die Ereignisse erwartungsgemäß. Die verwendeten Stilmittel (verschwommene Alpträume, abseitige Einsamkeit und undurchsichtige Wälder vor einem fast schon idyllisch anmutendem Seepanorama) sind zwar eher klassischer Natur, ergeben aber eine wunderbare Kulisse, die zum Schaudern einlädt. Ein rundum solides Machwerk!

Funfact: Über Referenzen zu „Der Bewohner des Sees“ bin ich das erste Mal im Grundregelwerk zum Cthulhu Rollenspiel (7. Edition, Pegasus Verlag) gestolpert. Das beiliegende Szenario „Inmitten uralter Bäume“ gefiel mir von den verarbeiteten Motiven derart gut, dass ich unbedingt mehr über den vermeintlichen Bewohner des Sees erfahren wollte. Das letztlich in den Erwerb von Campbells Kurzgeschichtensammlung mündete.

Fazit

Die Anthologie Die Offenbarungen des Glaaki, die der britische Horrorautor John Ramsey Campbell schon in jungen Jahren publizierte, orientiert sich zweifellos an den Werken H. P. Lovecrafts. Vor allem „Das Grauen von der Brücke“ und „Der Bewohner des Sees“ haben mir sowohl inhaltlich als auch von ihrer Komposition her außerordentlich gut gefallen. Sie reihen sich nicht nur nahtlos an Lovecrafts Schaffen, sondern bereichern den bestehenden Cthulhu-Mythos auch ungemein.

Allerdings muss ich auch einräumen, dass ich selbiges von den übrigen Geschichten des Sammelbands nur eingeschränkt behaupten kann. Einige sind etwas langatmig geraten, andere überzeugen inhaltlich kaum und wieder andere arbeiten noch etwas zu offensichtlich mit gängigen Klischees. Das ist zwar schade, für ein Erstlingswerk aber nicht weiter schlimm.

Insgesamt kann ich Campbells Werk Die Offenbarungen des Glaaki vor allem Fans kosmischen Horrors nur wärmstens ans Herz legen. Es lohnt sich allemal.

Titel:  Die Offenbarungen des Glaaki
Autor: (John) Ramsey Campbell
Verlag: Festa
Buchseiten: 320 Seiten
ISBN: 978-3-86552-276-4

Das Titelbild ist ein Ausschnitt des Buchcovers der gleichnamigen Publikation. Alle Bildrechte liegen beim Festa Verlag.

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