Besessene, verfluchte oder von durchgedrehten Computern gesteuerte Kinderspielzeuge gehören mittlerweile genauso wie Geister zum Horrorgenre. Persönlich habe ich eine Schwäche für solche Filme. Daher konnte ich an dem “knuffigen” Teddybären-Cover von Imaginary von Regisseur Jeff Wadlow nicht vorbeigehen. Doch hat es sich gelohnt?
Inhalt von Imaginary
Jessica (DeWanda Wise) hat früh ihre Mutter verloren und musste mit fünf Jahren von ihrem Vater weggenommen werden, da er den Verlust seiner Frau nicht verkraftet hat. Daher fühlt sie sich selbst in ihrer Rolle als Stiefmutter noch immer ein wenig unsicher. Zusammen mit ihrem Mann Max (Tom Payne) und ihren beiden Stieftöchtern Alice (Pyper Braun) und Taylor (Taegen Burns) zieht sie in ihr altes Elternhaus, um der neuen Familie mehr Platz zu bieten und von zu Hause ihrem Beruf als Kinderbuchautorin nachzugehen. Ihr Verhältnis zur jüngeren Tochter Alice entwickelt sich positiv, während Teenager Taylor durch den Umzug auf Abstand geht. Doch als Alice im Keller einen Teddybären findet, den sie Chauncey nennt, ändert sich einiges im Haus. Erst entzückt von Alice imaginärem Freund, der ihr hilft, mit dem Umzug, dem Verlust der leiblichen Mutter und anderen Problemen umzugehen, treibt dieser das kleine Mädchen zu immer gefährlicheren Handlungen. Selbst Alice scheint manchmal Angst vor ihrem neuen Freund zu haben.
Guter Einstieg, lahmes Ende
Imaginary gibt dem Zuschauer viel Zeit, die Charaktere, ihre aktuellen Probleme und auch ihre Hoffnungen kennenzulernen. Gleichzeitig baut der Film bereits für den Zuschauer eine bedrohliche Präsenz auf, die nach der kleinen Alice greift. Im Schatten erspähen wir eine zu erahnende Gestalt, die die Bewegungen der Familie beobachtet und geduldig lauert. Dass weder Jessica noch Max von dem neuen imaginären Freund ihrer Tochter beunruhigt sind, nimmt man ihnen glaubwürdig ab, da die intensiven Gespräche, die Alice augenscheinlich mit sich selbst führt, stets eine positive Nuance haben und Chauncey tatsächlich eine beschützende Rolle einnimmt. Der Umschwung zur Angst kommt dann sehr plötzlich, als Jessica erkennt, was Alice wirklich hinter ihrem Rücken treibt und dass der Freund dem kleinen Mädchen nicht nur gut zuspricht, sondern auch andere Dinge von ihr verlangt.
Leider geht mit dem emotionalen Umschwung das Unheimliche des Films verloren, und die Handlung wird zunehmend phantastischer, aber auch didaktischer. Es wirkt, als hätten die Filmemacher nicht das Vertrauen in den Zuschauer, dass dieser selbst Zusammenhänge verstehen oder interpretieren könnte. Stattdessen wird alles bis ins kleinste Detail erklärt. Die eigene Vorstellungskraft benötigt man also nicht, wenn man Imaginary schaut.
Auch das Ende ist sehr unbefriedigend. Es wirkt, als könne sich der Regisseur nicht entscheiden, welchen Ton er einschlagen möchte. Stattdessen stapelt er ein Element nach dem anderen aufeinander, und jedes Mal dachte ich, jetzt sei der Film zu Ende, nur um dann die nächste Szene mit einer anderen Nuance zu bekommen.
Das Monster Chauncey
Chauncey tritt in unterschiedlichsten Gestalten auf, wobei insbesondere die ersten Formen am überzeugendsten sind. Zum einen gibt es den kleinen Teddybären, den Alice auf ihrem Arm herumträgt und liebkost. Dieser wirkt zwar etwas in die Jahre gekommen, ist jedoch durchaus süß und entspricht dem Bild, das das kleine Mädchen von “ihm” hat. Im Schatten hingegen sieht nur der Zuschauer eine düstere Gestalt, die wohl Chaunceys wahres Aussehen darstellen soll und gerade weil sie so schlicht ist, sehr gelungen ist.
Im späteren Verlauf bekommen wir dann noch eine unheimliche riesige Version des Teddybären zu sehen, die leider nicht überzeugt und eher amüsiert, jedoch wohl Alice Ängsten entspricht. Ebenso bekommen wir eine spinnenartige Kreatur zu sehen, die Jessicas Ängste symbolisiert und eigentlich Potential gehabt hätte, wäre da nicht das schlechte CGI.
Fazit zu Imaginary
Das erste Drittel von Imaginary hat mir wirklich Spaß gemacht. Der langsame Erzählstil, die Andeutungen und der Aufbau der Charaktere waren spannend und unterhaltsam. Leider bricht das alles später unverhofft weg. Insbesondere das Ende habe ich als sehr anstrengend empfunden. Ein Happy End ist okay, auch ein offenes Ende oder ein böses Ende, aber ich brauche nicht alle drei und schon gar nicht eines mit humoristischer Note, wenn diese vorher im Film gar nicht vorkam. Aber zumindest eignet sich der Film für Personen, die viel auf ihre Smartphones schauen, da er ohnehin bis aufs Kleinste erklärt wird.
Filmtitel: Imaginary
Regisseur: Jeff Wadlow
Erscheinungsjahr: 2024
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Spieldauer: 104 Minuten
Titelbild ist ein Ausschnitt vom Cover. Alle Bildrechte liegen beim Filmverleih Lionsgate.