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Rezension: Lake – Das Haus am dunklen Ufer

Es gibt sicherlich den einen oder anderen Moment, in dem man als Leser einem Autor begegnet, dessen Werke man sonst sehr schätzt, und plötzlich auf ein Buch stößt, das einen nicht begeistern kann. Bis jetzt konnte mich jedes Buch von Riley Sager fesseln, aber mit Lake habe ich das Gefühl, auf das erste Werk gestoßen zu sein, das mich nicht vollständig überzeugt hat.

Worum geht es in Lake?

Wie gewohnt greift Riley Sager auf ein klassisches Szenario aus dem Horror- bzw. Thriller-Genre zurück und fügt neue Elemente und Wendungen hinzu. Diesmal geht es um die Geschichte einer Person, die durch ein Fernglas etwas Verdächtiges bei ihren Nachbarn beobachtet – was auf ein Verbrechen hindeutet. Einige von euch werden bestimmt die bekannte Vorlage von Das Fenster zum Hof (1954) oder das Remake Disturbia (2007) kennen. In beiden Geschichten beobachtet ein Mann bzw. ein Junge aus Langeweile (der eine mit einem gebrochenen Bein, der andere mit einer elektronischen Fußfessel) seine Nachbarn durch ein Fernglas und wird Zeuge von etwas, das wie ein Mord aussieht. In Lake ist es die alkoholabhängige, ehemalige Schauspielerin Casey Fletcher, die von ihrer Veranda aus gerne ihre neuen Nachbarn Katherine (ein bekanntes Model) und Tom Royce (der Geschäftsführer einer Social-Media-Plattform) beobachtet. Sie beginnt, den Verdacht zu hegen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt.

Beide Häuser befinden sich am Lake Greene in Vermont, einer Gegend, in der bereits einige junge Frauen verschwunden sind – und in der auch Caseys Mann vor fast einem Jahr ertrunken ist. Als Casey zufällig beobachtet, dass Katherine fast ertrinkt, eilt sie ihr zu Hilfe, trotz ihres erheblichen Alkoholpegels. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine enge Freundschaft, doch als Katherine einige Tage später spurlos verschwindet und nicht mehr erreichbar ist, wird Casey misstrauisch. Sie ist überzeugt, dass Tom etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben muss – zumal sie während ihrer nächtlichen Besuche des Royce-Anwesens mit ihrem Fernglas einiges beobachtet hat. Doch der Polizei kann sie das natürlich nicht erzählen – vor allem nicht, dass sie in ihrem Eifer auch einige Gesetze gebrochen hat, um herauszufinden, was mit Katherine passiert ist.

Die Stärken und Schwächen von Lake

Am meisten überzeugte mich die Darstellung von Caseys Alkoholsucht und ihrem Umgang damit. Als Leser*in versteht man sowohl den inneren Drang, der sie antreibt, als auch die zerstörerischen Folgen ihres Verhaltens. Ihre Reise, auf der sie zwischen Versuchung, Rückschlägen und kleinen Siegen hin- und hergerissen ist, war spannend, mitreißend und sehr empathisch erzählt. Trotz der vielen Charaktere um sie herum, die oft recht haben, fühlte ich mich stets auf ihrer Seite. Besonders gut nachvollziehbar war auch Caseys Drang, die Menschen um sie herum zu beobachten. Gefangen in ihrem eigenen Chaos und auf der Suche nach Ablenkung, scheint es für sie ein Ausweg zu sein, die Dramen anderer zu verfolgen und so der eigenen Realität zu entkommen.

Auch die Suche nach Katherine hat mir gefallen. Im Gegensatz zu einer klassischen Detektivgeschichte haben wir als Leser*in oft nur die gleichen Informationen wie Casey – und dürfen somit miträtseln. Man wird dabei auf falsche Fährten gelockt, was ich als gelungen empfand, auch wenn es einige Informationen gibt, die Casey uns aus plottechnischen Gründen vorenthält. Das ist verständlich und in diesem Fall verzeihbar.

Jedoch gibt es auch Schwächen in Lake. Wie so oft in Sagers Büchern tritt plötzlich ein Mann in das Leben der Protagonistin, hilft ihr, und es entwickelt sich eine Romanze, die irgendwann den Verdacht aufkommt, er könnte der Täter sein. Dieses wiederkehrende Element hat mich diesmal wirklich gelangweilt. Vielleicht, weil ich die romantische Verbindung zwischen den beiden Charakteren dieses Mal nicht nachvollziehen konnte oder weil der Autor dieses Motiv einfach zu oft verwendet. Zudem nimmt die Geschichte im letzten Drittel eine Wendung, bei der ich mich einfach nur an den Kopf fassen konnte. Ich konnte nur hoffen, dass Riley Sager auf den nächsten Seiten das Ganze als Scherz abtun würde.

Fazit: Lohnt sich Lake?

Lake ist kein schlechtes Buch. Und wenn ich es mit dem Ende von Hopes End vergleiche, würde ich es sogar als eines der besseren Werke von Riley Sager bezeichnen. In seinen früheren Büchern waren die Wendungen immer plausibel und logisch, nie willkürlich oder zu sehr aus der Luft gegriffen, wie es zum Beispiel bei Fitzek manchmal der Fall ist. Es war immer spürbar, dass die Wendungen von Anfang an angedeutet wurden und bei einem zweiten Lesen offensichtlich sind. Auch in diesem Fall gibt es Hinweise auf die Auflösung, aber für mich war es dennoch zu absurd. Trotzdem muss ich anerkennen, dass Sager der klassischen Geschichte neue, spannende Elemente hinzugefügt hat, die einfach nur nicht meinem persönlichen Geschmack entsprochen haben. Insgesamt handelt es sich um ein gutes und lesenswertes Buch, dessen Ende jedoch nicht jedem Thriller-Fan gefallen wird.

Buchtitel: Lake– Das Haus am dunklen Ufer
Autor: Riley Sager
Verlag: dtv Verlag
Buchseiten: 416 Seiten
ISBN: 978-3-423-22084-2

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