Cthulhu-MythosSonstiges

AnRUFung 2019 – Aufenthalt im Sanatorium

Vom 11. bis 14. 07.2019 fand wieder die AnRUFung, die hauseigene Cthulhu-Convention der Deutschen Lovecraft Gesellschaft, auf Burg Hessenstein statt. Unter dem Motto “Arkham Sanatorium” stellten sich die etwa 100 eingewiesenen Gäste vier Tage lang – zumeist spielerisch – jenem Horror, der in den Schatten des alten Gemäuers lauerte oder gar den aufwühlenden Alpträumen der Insassen entsprang.  Wir waren mit dabei. Unser behandelnder Nervenarzt berichtet:

Die Einweisung

Beim Patienten 247 wurden schon vor langer Zeit diverse cthuthuloider Zwangsneurosen diagnostiziert. Wenngleich in der Vergangenheit weitestgehend unauffällig, verschlechterte sich sein geistiger Zustand im letzten Jahr rapide. Ursache hierfür scheint der intensivierte Kontakt mit der Risikogruppe Deutsche Lovecraft Gesellschaft zu sein. Daher wurde im April 2019 seine dringliche Überweisung in das Arkham Sanatorium beantragt, aufgrund des Härtefalls umgehend stattgegeben und jüngst vollzogen.

Für die flüssig vonstatten gehende Reise mit der Bahn konnte der Pflegebedürftige ruhig gestellt werden. So war die Übergabe vor Ort sehr diskret, warteten die vorbildlich in Arztkitteln gewandeten Kollegen schon am Zielbahnhof, um ihn mit einem als Privatfahrzeug getarnten Shuttle-Service in Empfang zu nehmen. Sehr löblich!

Im Sanatorium angekommen, erhielt der Patient zunächst sein CarePaket. Danach wurde er zusammen mit acht anderen Pflegebedürftigen in der Abteilung „Wahnvorstellungen“ einquartiert. Aufgrund ähnlich gelagerter Symptome schloss er schnell zu seinen Leidensgenossen auf. Erste Anzeichen von Resozialisierung ließen auf eine baldige Genesung hoffen.

Die Therapie

Für seine Behandlung wurde dem Patienten 247 bereits im Vorfeld etappenweise ein individuell abgestimmter Therapieplan zusammengestellt. Aus einer Fülle an cthuthuluoidem Rollenspiel, Workshops, kognitiven Leistungschecks (QuizNight), Wanderungen, Escape-Rooms und anderen Selbsthilfegruppen wurden die Bedürfnisse eines jeden Pfleglings gezielt angesprochen.

Insbesondere die einzelnen Rollenspielgruppen, in denen die Pflegebedürftigen ihren kühnsten Ängsten begegneten, schienen dem Patienten Besserung zu versprechen. Gerade die Performance bereits länger vor Ort residierender Insassen mit sogenanntem Spielleiter*innen-Status schien er mit wohlwollender Begeisterung aufzunehmen. Aber auch seine eigene Sitzung, in denen er andere Pfleglinge an seinen alptraumhaften Hirngespinsten teilhaben ließ, schien für einige Begeisterung zu sorgen.

Ebenfalls vor Ort präsent waren die belesenen Experten des Cthulhu-Webshops und der Redaktion Phantastik, die mit einem umfangreichen Aufgebot an einschlägiger Literatur und anderweitig passenden Gimmicks aufwarteten. Bei guter Wetterlage vermochten sich einzelne Insassen in den Innenhof oder gar den Kräutergarten zurückziehen, um sich eigenen Lesestoff zu widmen. Zumindest für das leibliche Wohl war zu jeder Zeit gesorgt.

Die Entlassung

Der Patient sprach auf die Behandlung gut an. Seine stets sichtbar mitgeführte Statuskarte visualisierte seinen durch die Pfleger attestierten Gemütszustand. Schließlich gelang ihm hinter verschlossenen Türen der Aufstieg zum sogenannten Mythosforscher, ein für Außenstehende nur schwerlich zu deschiffrierender Terminus. (Meinen Recherchen nach handelt es sich um eine Art Parallelgesellschaft in Gegnerschaft zu der sich auf Burg Hessenstein versammelten Kultgemeinschaft.) Seine Entlassung wurde in der nächtlichen Pyjama-Party gebührend gefeiert. Einzig der in Zwangsjacke und Stahlketten gehüllte Clown, der wie ein Berserker durch die Heilanstalt stürmte, schien wohl noch länger vor Ort verweilen zu müssen.

Zum Schluss gab es neben aufmunternden Worten und der Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen unter allen Selbsthilfe-Gruppenleiter*innen noch eine Ausschüttung von Drittmitteln für das persönliche Seelenheil. Die großzügigen Spenden verschiedener Verlage – mit wirklich interessanten Produkten – wurden via Losentscheid gebührend verteilt. Eine abermals löbliche Geste.

Mit einem vorläufigen Attest konnte der Patient 247 nun in die freie Gesellschaft zurückkehren. Bei guter Führung vermag er nächstes Jahr sogar für die Miskatonic University eingeschrieben werden. Der Aufenthalt im Arkham Sanatorium war ein voller Erfolg.

Fazit

Anfänglich war ich etwas skeptisch, ob ein verlängertes Wochenende für einschlägiges Rollenspiel und artverwandte Betätigungen mit so vielen mir unbekannten Leuten auf engstem Raum wirklich gut gehen würde. Aber das gemeinsame Hobby führte vom ersten Moment an zu einer außergewöhnlich spannenden und gleichermaßen herzlichen Atmosphäre. In den Rollenspielrunden jagte ein Highlight das nächste. Sei es nun durch schauspielerische Performance, gelungene Kostümierung, gekonnter Einsatz von Technik oder erzählerische Meisterleistungen – das Engagement aller Teilnehmer*innen war atemberaubend. Im sonstigen Rahmenprogramm mit Workshops, Escape-Room, Tablequiz, Rum-Tasting, Wanderung, DLG-Mitgliederversammlung und Abschlussparty war für jeden etwas dabei. Die beiden Verkaufsstände vor Ort boten eine wünschenswerte Produktauswahl für alle Hobbyisten. Die abschließende Verlosung beinhaltete wirklich begehrte Preise einschlägiger Verlage (Pegasus, Festa).

Lobend erwähnen möchte ich ebenfalls die vorbildlich reibungslose Organisation aller Programmpunkte, den Rundenaushang samt Raumplan, die vielen kleinen Gimmicks wie die Abteilungsschilder für die einzelnen Zimmer, das Willkommenspaket mit lovecraft’schem Hörspiel vom Gruselkabinett (Träume im Hexenhaus), den Shuttle-Service und die immerwährende Freundlichkeit und Herzlichkeit vor Ort; nicht zu vergessen das wirklich geduldige Personal der Jugendherberge. Die Armen! 

Insgesamt war es eine einfach grandiose Erfahrung, die ich allen Fans kosmischen Horrors auf eigene Gefahr hin empfehlen möchte. Ich habe viel über mich, meine Mitmenschen und unser gemeinsames Hobby gelernt. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!

Gastgeber: Deuscthe Lovecraft Gesellschaft
Veranstaltung: AnRUFung 2019
Berichte weiterer Insassen: jaegers.net, Sandkastenspiele.blogspot.com.

Das CarePaket umfasst die Krankenakte (oben links), das Statuskärtchen samt Marker und Notfalltabletten (unten mittig), Rollenspielmaterial wie den Fhtagn Schnellstarter, ein Hörspiel und andere Nettigkeiten.

Marco Schugk

beschäftigt sich nicht nur beruflich mit Kulturen und Kulten vergangener Aonen, um ihnen lang vergessene Geheimnisse zu enhtlocken. In seiner Freizeit schickt er vorzugsweise die MitspielerInnen seiner Rollenspielrunden gern zu den  entlegensten Orten dieser und jeder anderen Welt, bis sie mit reicher Beute zurürckkehren oder dem Wahnsinn anheim fallen... Nungut, Beute gab es bisher irgendwie nie...

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